Musikantentradition in Friesen

Ein alter Friesener Pfarrer soll einmal in einer Kirchweihpredigt folgende schwerwiegende Worte gesagt haben: "Kirchweih ist ein Fest für die gewinnsüchtigen Wirte und die leichtlebigen Musikanten!". Ob die Wirte in früheren Zeiten gewinnsüchtig waren, wissen wir nicht. Wir wissen nur, dass von leichtlebigen Musikante n nicht die Rede sein kann. Es waren Bauern, Flößer oder Handwerker, die hart um ihr "tägliches Brot" kämpfen mussten und erst im Neben- oder Zweitberuf Musikanten waren lustige und lebensfrohe Menschen. Die vielen amüsanten Geschichten und Streiche, die durch mündliche Überlieferung bis in die heutige Zeit erhalten geblieben sind, zeugen dafür. Einige davon sind hier aufgezeichnet.

Die Musikantentradition in Friesen geht schon weit zurück. Obwohl die Unterlagen über das Bestehen einer Musikkapelle vor dem Jahre 1860 recht spärlich sind, kann doch auf Grund von Eintragungen in den Friesener Kirchenbüchern sowie privaten Aufzeichnungen auf eine sehr alte Musikantentradition in Friesen geschlossen werden.

So werden, nur um einige zu nennen, in den kirchlichen Martiekeln um das Jahr 1800 nachfolgende Personen mit der Berufsbezeichnung "Musikus" oder "Musikant" als Zweitberuf, aufgeführt: Georg Friedrich Müller, Schneider und Musikant, geboren 1795. Am 09.08.1808 wird in Friesen/Dennig der Musikant Josef Firnstein tot aufgefunden. Er war 20 Jahre alt.

Am 27.04.1822 stirbt der Musikant Johann Geigerhilk.

Johann Müller, Krämer und Musikus, geboren 1790. Folgendes können wir aus den Aufzeichnungen von Johann Georg Fischer aus Friesen entnehmen:

"Heut, als den 7. Juni 1836, wurde der Krämer und Musikant, Johann Müller von hier, 45 Jahre alt auf eine für Friesen denkwürdige Weise zur Erde bestattet. Auf Anzeigen seines Hinscheidens beordete der Herr Landgerichtsvorstand, Major Gleitsmann, eine Abteilung des königlichen Landwehrbataillons zu Kronach zu seiner Begräbnisbegleitung. Auch die ganze Landwehrbataillonsmusik, bei der er früher Hautbrist war, begleitete seinen Zug mit einer trefflichen Musik und verschönten die Feier durch ein schönes musikalisches Requiem. Die Landwehr feuerte bei seinem Begräbnis dreimal ab.""

Das Bestehen einer Musikkapelle in Friesen deutet im Jahr 1841 der Friesener Pfarrer Josef Leipert in einer Urkunde an, die in der Turmkugel des Kirchturmes aufbewahrt ist. Die Urkunde wurde erstellt, nachdem das Kirchenturmdach neu beschallt und beschiefert worden und der Turm-Knopf nebst vergoldetem Stiefel und Halm wieder aufgerichtet war. Wörtlich heißt es:

"Nachdem Unterzeichneter die zahlreich versammelten Pfarrkinder mit dem Inhalt dieser Denkschrift bekannt gemacht hatte, wurde dieselbe nebst den Münzen unter dem Schalle der Musik und unter Glockenklang in den Wipfeln des Kirchenturms aufgewahrt."

 

Vereinsprägende Personen

Ab dem Jahre 1861 lassen sich lückenlos die Dirigenten und Vorsteher nachweisen. Drei dieser markanten Persönlichkeiten sollen hier kurz vorgestellt werden.

Eine markante Persönlichkeit wird der Buchdrucker und Buchbinder Andreas Steinmetz. Der Musiker mit Leib und Seele wird am 214. Januar 1831 in Sesslach geboren und heiratet am 20.05.1861 die Friesnerin, Margaretha Fischer aus Haus nr. 41. Schon bald genießt Andreas Steinmetz in der Bevölkerung von Friesen großes Ansehen und wird 12870 zum Bürgermeister gewählt. Dieses Amt begleitet er 27 Jahre lang bis zwei Jahre vor seinem Tode 1899. Gleich nach seiner Einheirat in Friesen wurde er Dirigent und Vorsteher der schon lange bestehenden Musikkapelle und hat diese, wie es heißt, "auf Schwung gebracht". Viele Noten für Musik und Gesang entstammen seiner Feder und finden zum Teil heute noch Verwendung.

Eine alte Fotographie aus dem Jahre 1862 zeigt in einfacher Sonntagstracht sechs Friesener Musikanten mit ihren Instrumenten. Hierbei handelt es sich ausschließlich um Blechinstrumente. Ganz links: Johann Andreas Steinmetz, der die Kapelle von 1861 bis 1889 leitete. Umfangreiche, handgeschriebene und wohl auch von ihm selbst, als Buchbindermeister gebundene Notenbücher, sind stumme und doch berede Zeugen dieser Zeit. Auch aus der Zeit, als Georg Heinrich Fischer, genannt "Görich Haane", die Kapelle leitete, zeugen viele von ihm geschriebene Noten von der Liebe zur Musik.

Am 6. Januar 1839 wird dem Friesener Lehrer Johann Backer ein Sohn Josef geboren, der unter dem Namen "Schulsäppe" bekannt war. In einem Einwohnerverzeichnis der Kirchengemeinde Friesen ist auch bei ihm die Berufsbezeichnung "Musikus" eingetragen. Von ihm ist bekannt, dass er schon in jungen Jahren in einer Kronacher Schule Geigenunterricht gab. Er wurde zu einem unvergessenen Friesener Original und Vollblutmusiker.

Ab dem Jahre 1890 übernimmt der am 27.12.1853 geborene Friesener Uhrmacher und Landwirt Georg Heinrich Fischer, genannt "Görich Haane" die Geschicke des Vereins. Genau wie sein Vorgänger hat auch Georg Heinrich Fischer unermüdlich umfangreiches Notenmaterial für Blas- und Streichmusik geschrieben. Nachfolgendes Gedicht, welches der Altbürgermeister Johann Wicklein zu seinem 80. Geburtstag im Jahre 1933 verfasste, sagt alles über Charakter und Mentalität dieses Musikers aus:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Durch den 1. Weltkrieg hat die Kapelle ihren neuen, vielversprechenden Leiter Georg Fischer, ein Neffe von Georg Heinrich Fischer, verloren. Sein Nachfolger Heinrich Fischer, ebenfalls ein Neffe von Georg Heinrich Fischer, übernimmt die Kapelle und führt sie durch vier Jahrzehnte bis 1960.

Obwohl die Harmonie bei der Musik oberstes Gebot ist, kam es laut mündlicher Überlieferung in den 20er Jahren zu einer vorübergehenden Trennung der Kapelle. Es gab wohl einige Zeit die sogenannte "Junge Kapelle" und als Gegenstück die "Alte Kapelle". Die Namen sagen recht deutlich aus, wie sich die Geister geschieden hatten. So kam es auch dazu, dass z. B. am Fronleichnamsfest die zwei Kapellen getrennt zur Kirchenparade spielten und ebenso die Prozession durchs Dorf begleiteten.

Als Besonderheit hatten sogar jede Kapelle ihren eigenen Tambourmajor. Georg Schick führte die "Junge Kapelle" und Heinrich Fischer die "Alte Kapelle" an.

Zum Glück blies man aber bald wieder in ein Horn und der Erfolg zeigte sich auch umgehend. Die Friesener Musikanten erreichten mit dem "vollgummibereiften" Lastwagen der Firma Herzog in Steinberg, gesteuert vom "Autogörich", das thüringische Wurzbach und errangen oder erspielten sich durch eine besonders gute Leistung den Ehrenpreis des dortigen "Musikwettstreites". So geschehen am 03.08.1928. Zwei Musiker, Josef Stumpf und Georg Jakob, können noch heute von diesem schönen Erfolg berichten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Von links: Andreas Stumpf, Fritz Fischer, Josef Stumpf, Gustav Wich, Konrad Ebert, Georg Müller, Johann Ebert, Georg Backer (Schul-Schosch), Hans Steinmetz, Albert Fischer, Georg Ebert; in den Fenstern von links: Rosa Kestel, Elisabeth Degel, Rosa Backer.

Mit den politischen Veränderungen 1933 kam für viele Vereine eine schwere Zeit. Viele Aktivitäten wurden stark eingeschränkt oder ganz verboten. So auch Aufmärsche von Vereinen wie zum Beispiel beim Fronleichnamsfest. Das gesamte Kulturleben wurde umfunktioniert. Hinzu kamen dann später noch die Einberufungen der jungen Musiker. Der unselige Krieg tat den Rest. Wie heißt es so trefflich in einem Lied: "Aber die Musica bleibt bestehen".

Schon bald nach Kriegsende begann man die alten Traditionen neu aufzugreifen. Junge Leute erlernten mit spärlicher Unterrichtung das Musizieren. In kleinen Gruppen übte man sogar in privaten Haushalten, was besonders dem jungen Nachwuchsmusikern zugute kam.

Die Musikkapelle gewann unter der geduldigen und umsichtigen Führung von Dirigent Fischer schnell an Boden. Der Sinn und Zweck eines Vereins, durch Gewinnung passiver Mitglieder auch Unterstützung von der Dorfbevölkerung zu erfahren, war durch die Wirren des Krieges zumindest unterbrochen. So war die Kapelle auf sich selbst gestellt. Zu Beginn jeden Jahres versammelten sich die Aktiven und wählten aus den eigenen Reihen den Vorstand, kassier, Schriftführer und die Ausschussmitglieder. Die ordentlichen Aufzeichnungen über den Verlauf dieser Versammlungen begannen mit dem 21. Februar 1958 bei der Generalversammlung im Gasthaus Wicklein.

Gewählt wurden: 1. Vorsitzender Otto Geiger, Kassiert Hans Meusel, Schriftführer Heinrich Kaiser. Die Ausschussmitglieder waren: Josef Zipfel, Albert Fischer, Mathäus Wich und Andreas Stumpf. Dem langjährigen Dirigenten Heinrich Fischer wurde wieder die Leitung der Kapelle übertragen. Im Protokollbuch wurden auch alle Spieleinsätze der Kapelle niedergeschrieben.

Otto Geiger bleibt bis 1962 Vorsitzender der Kapelle und übernimmt nach dem Tode des bisherigen Dirigenten im Februar 1961 zusätzlich die musikalische Leitung der Kapelle.

Der Gedanke, als Basis für die Musikkapelle Friesen auch wieder einen Musikverein ins Leben zu rufen, wurde am 2. Februar 1962 im Gasthaus Wicklein in einer Werbe- und Gründungsversammlung mit 37 Gründungsmitgliedern verwirklicht.

 

Gründungsmitglieder des Musikvereins Friesen

1. Wicklein Andreas

2. Hanna Fritz

3. Böhnlein Hans

4. Burger Franz

5. Jakob Konrad

6. Fischer Ernst

7. Fischer Hans, 137

8. Geiger Heinrich, 134

9. Geiger Georg

10. Fischer Hans

11. Schmidt Hans

12. Fischer Gustav

13. Geiger Andreas (Dennig)

14. Zwingmann Hans

15. Wachter Otto

16. Fiedler Hans

17. Renk Franz

18. Wachter Hans

19. Geiger Josef

20. Zwingmann Ottmar

21. Schaller Veit (Dennig)

22. Stingel Franz

23. Schmidt Hans, 166

24. Baumann Hermann

25. Schmidt Hans, 166

26. Zwingmann Otto

27. Karger Josef

28. Geiger Heinrich, 96

29. Reichel Johannes

30. Geiger Hans, 50

31. Fischer Georg (Dennig), 10

32. Müller Heinrich, 61

33. Dauer Gottfried

34. Geiger Baptist

35. Schaller Konrad

36. Altmann Wendelin

37. Geiger Heinrich, 52

Erster Vorstand wurde Albert Fischer, der sein Amt bis 1965 führt.

 

Als Vorsitzende des Musikverein fungierten seitdem:

Arno Zschüttig : 1965 – 1968

Alfred Geiger : 1968 – 1973

Josef Fischer : 1973 – 1975

Alois Steinmetz: 1975 – 1985

Bruno Schnappauf: 1985 - 2006

Heidi Hansen: 2006 - 2008

Yvonne Hummel, Kathrin Kotschenreuther, Andreas Franz: ab 2008

Yvonne Hummel, Michael Saal, Andreas Franz: ab 2013

Wohl wissend um das schwere und verantwortungsvolle Erbe übernimmt Bruno Schnappauf die Führung des Vereins. Da Otto Geiger 1985 die Leitung der Kapelle abgegeben hatte, beginnt für den bisherigen Ersten Posaunisten der Kapelle Theo Wich eine schwere Aufgabe. Mit der Übernahme des Dirigentenstabes betritt auch er Neuland. Sein voller Einsatz für die Sache bringt bald sichtbare Erfolge. Unterstützt vom Ersten Vorsitzenden Bruno Schnappauf und dem sehr rührigen Zweiten Vorsitzenden Hans Barnickel, ist die Nachwuchsförderung eines seiner großen Anliegen. Die guten Erfolg einiger Jungmusiker bei Leistungsprüfungen im Rahmen von Lehrgängen durch den Nordbayerischen Musikbund sind ein erster Lohn für die Vereinsführung und dem Dirigenten.

Auch im konzertanten Bereich hat der junge aufgeschlossene und mutige Dirigent mit seiner stark verjüngten Kapelle Erfahrungen gesammelt und erste gute Erfolge erzielt. Zur Freude der Vereinsführung und aller aktiven Musiker steht auch die Bevölkerung von Friesen nicht ohne Stolz hinter ihrer Musikkapelle.

Nach 21 Jahren erfolgreicher Vereinsführung tritt Bruno Schnappauf aus gesundheitlichen Gründen als Erster Vorstand zurück. In einer Generalversammlung wird Heidi Hansen als erste Frau in dieses Amt gewählt. Bruno Schnappauf steht jedoch als zweiter Vorstand und Notenwart weiterhin zur Verfügung.

2008 löst das Trio Yvonne Hummel, Kathrin Kotschenreuther und Andreas Franz die bisherige 1. Vorständin Heidi Hansen ab und starteten mit ihren Ämtern als gleichberechtigte Vorsitzende. 2013 löst Michael Saal Kathrin Kotschenreuther ab.

Theo Wich gibt 2008 seine Aufgabe des Dirigenten ab. Diese Position übernahmen die langjährigen Musiker des Vereins Markus Schnappauf und Michael Gack. Aktuell leitet Markus Schnappauf die Kapelle.

 

Musikverein Friesen e.V.
Nach eingehender Beratung im Verwaltungsrat entschloss man sich, den Musikverein Friesen in das Vereinsregister beim Amtsgericht Kronach eintragen zu lassen. Vom passiven Mitglied, Rechtsanwalt Josef Geiger, wurde eine neue Vereinssatzung ausgearbeitet. Nach der Zustimmung des Verwaltungsrates und des Amtsgerichts Kronach, erfolgte am 18.01.1991 die Eintragung beim Amtsgericht Kronach.

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